Die medico-Partnerorganisation Association of the Elderly (AoE) setzt sich für die Gesundheitsversorgung, die gesellschaftliche Inklusion und die Stärkung der Eigenständigkeit alter Menschen ein. Entscheidend für die Betreuung in Stadtquartieren und Dörfern ist ein breites Netz an freiwilligen jungen Gesundheitspromotor*innen.
Für zahlreiche alte Menschen in Vietnam gibt es keine Möglichkeit familiärer Unterstützung. Viele haben gesundheitliche Probleme und körperliche Leiden, die auf den Vietnamkrieg und die langen schweren Nachkriegsjahre zurückzuführen sind. In der Provinz Thua Tien Hue leben nach offiziellen Statistiken heute über 2'000 Menschen mit Beeinträchtigungen, oft Kriegsversehrte, unter ihnen über 1'500 schwer geschädigte. Noch zählt die Provinz über 500 Personen, welche während des Krieges direkt dem dioxinhaltigen Agent Orange ausgesetzt waren. Die Zahl der Betroffenen von Agent Orange in der 2. und 3. Generation geht in die Tausende.
Die medico-Partnerorganisation Association of the Elderly (AoE) setzt sich in der zentralvietnamesischen Provinz Thua Tien-Hué für eine basisorientierte Gesundheitsversorgung sowie für die gesellschaftliche Inklusion und Stärkung der Eigenständigkeit alter Menschen und Agent Orange-Betroffener ein. "Niemand soll zurückgelassen werden" heisst ihre Losung. Durch die Arbeit mit einem breiten Netz von Freiwilligen gelingt es der AoE, Generationen zu verbinden und in den Quartieren der Stadt Hué wie auch in den Dörfern der Provinz präsent zu sein.
Eine Entscheidende Rolle für die gesundheitliche Betreuung und die soziale Einbindung von alten Menschen übernehmen junge Freiwillige. Die diesjährige medico-Jahrespartnerschaft ermöglicht vier Ausbildungslehrgänge für insgesamt 100 Gesundheitspromotor*innen, die das staatliche Gesundheitssystem ergänzen. Die Teilnehmenden – mehrheitlich Frauen – werden für die medizinische und soziale Betreuung von Menschen mit chronischen Krankheiten und körperlichen Beeinträchtigungen geschult, mit einem Fokus auf den Spätfolgen von Agent Orange. Ferner werden politisch-rechtliche Grundlagen über das Sozialversicherungssystem und Partizipationsmöglichkeiten vermittelt. Zu den Aufgaben der Promotor*innen gehört es auch, zu Fürsprecher*innen für die Würde und Lebensqualität von Agent Orange-Überlebenden und beeinträchtigten Menschen generell zu werden –gegenüber Behörden und Entscheidungsträger*innen auf allen Ebenen der Gemeinden als auch in der breiten Öffentlichkeit. Gleichzeitig geht es darum, die Betroffenen selbst über ihre Rechte zu informieren.
Das Interesse an den Ausbildungskursen ist sehr gross, so dass der Vorstand der AoE eine gute Auswahl geeigneter Personen treffen kann. Zu den Kriterien gehören die menschliche Eignung und die schulischen Voraussetzungen. Ausserdem sollen die zukünftigen Gesundheitspromotor*innen gesund und nicht über 45 Jahre alt zu sein. In einem intensiven Ausbildungsblock werden die Teilnehmenden theoretisch und praktisch geschult. Am Ende des Lehrgangs erhalten sie ein Zertifikat. Für spezifische Fragen stehen ihnen auch danach erfahrene Ansprechpersonen zur Verfügung und es finden regelmässige Austauschtreffen der Gesundheitspromotor*innen statt.
Die Unterstützung durch die Gesundheitspromotor*innen geht weit über die medizinische Betreuung hinaus. "Ziel des Projekts ist es, ein engagiertes Team von Freiwilligen auszubilden, welche qualifiziert sind, alten Menschen beizustehen, auch solchen in besonders schwierigen Lebensumständen. Die Freiwilligen sollen befähigt werden, durch Agent Orange geschädigten Menschen Vertrauen und auch etwas Freude ins Leben zu bringen – ihnen, die behindert und krank sind, die arm sind und kaum die Möglichkeit haben, an der Entwicklung der Gesellschaft teilzuhaben," so Nguyen Dang Thanh, Koordinator der AoE.
Zudem sind die Freiwilligen Promotor*innen auch eine Begleitung für die ganze Familie. Sie pflegen nicht nur die Agent Orange-Überlebenden der ersten Generation in ihrem Zuhause und bringen ihnen Erleichterungen im Alltag, sie betreuen wo nötig auch weitere Familienmitglieder – insbesondere beeinträchtigte Töchter und Söhne. Ganz wichtig ist dabei, die Gewissheit zu vermitteln, dass diese nicht im Stich gelassen werden. Für alte Eltern, deren Kräfte nachlassen, ist es zentral, dass ihre durch die Chemiewaffe schwer geschädigten Nachkommen auch in Zukunft umsorgt werden. Durch die Betreuungsstruktur der Promotor*innen spüren sie, dass sie in ihrer Sorge um die pflegebedürftigen, vom Alter her längst erwachsenen "Kinder" nicht allein gelassen werden und sie sich darauf verlassen können, dass das soziale Netz trägt.
Mit 23'500 CHF trägt die medico-Jahrespartnerschaft 2022/2023 dazu bei, die Lebensqualität und die gesellschaftliche Inklusion alter, kranker und beeinträchtigter Menschen in 32 Quartieren und Dörfern in und um Hué zu verbessern.