Der interne bewaffnete Konflikt in Guatemala (1960-1996) zählt zu den brutalsten Kriegen gegen die Bevölkerung in Lateinamerika. Auch mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Ende des Konfliktes hat Guatemala keinen Frieden gefunden. Auch wenn einige Kriegsverbrechen vor Gericht gebracht werden konnten, bleibt ein Grossteil der Grausamkeiten ungesühnt. Viele Menschen warten noch immer auf Gerechtigkeit. Zudem wurden die Vereinbarungen der 1996 zwischen linken Guerrilla-Gruppen und der Regierung unterzeichneten Friedensverträge, die eine generelle Reform des guatemaltekischen Staates vorsahen, nie umgesetzt.
Die aktuelle Lage in Guatemala ist erschütternd. Das Leben der Menschen im Land bleibt geprägt von Armut, Kriminalität und Gewalt und die Umweltzerstörung durch multinationale Konzerne wie auch der Klimawandel bedrohen zusehends die Lebensgrundlage auf dem Land. Geht es um die Grundversorgung und den Schutz der Bevölkerung, glänzt der Staat durch Abwesenheit. Präsenz zeigt er hingegen, wenn es um den Schutz nationaler Wirtschaftseliten und ausländischer Investitionen geht – mit Repression gegen Protestierende, Militarisierung im Namen der Sicherheit und der juristischen Verfolgung von leitenden Personen der Korruptionsbekämpfung. Systematisch höhlt die Regierung zusammen mit dem sogenannten «Pakt der Korrupten» die Rechtstaatlichkeit schrittweise aus und schränkt die Handlungsräume von indigenen, bäuerlichen, studentischen und feministischen Organisationen zusehends ein. Dennoch bleibt die Widerstandskraft der Bevölkerung gross.