Magdalena kämpfte während des Bürgerkrieges in der Guerilla und erlitt in dieser Zeit einen Gehörverlust. Nach dem Krieg schloss sie sich der Selbsthilfevereinigung kriegsversehrter Menschen (AGPD) an und war in verschiedenen Funktionen für den langjährigen medico-Partner tätig. Magdalena erläutert uns, wie sie dieses Engagement als Frau* gestärkt hat.

Edith Bitschnau

Das wertvollste an meiner Arbeit ist, mitzuerleben, wie wichtig Hebammen in einer Gemeinde sind. Es ist wunderbar, wie die Frauen* durch den Austausch ihrer Erfahrungen ein umfassendes Wissen zusammengetragen können. Auch ich durfte von diesen Frauen* schon vieles lernen und es fühlt sich gut an, etwas zu diesem gemeinsamen Lernprozess beitragen zu können. Da meine Mutter auch Hebamme war, weiss ich, wie wenig die Arbeit von Hebammen von staatlichen Institutionen wertgeschätzt wird. Der Kampf um die Anerkennung traditioneller Hebammen durch das Gesundheits-ministerium dauert schon viele Jahre. Als Mitarbeiterin von AGPD kann ich das Selbstbewusstsein der Frauen* fördern und so zur Veränderung der Gesellschaft beitragen.

«Ich sitze nicht gerne untätig rum»

Ich bin auch Mutter von zwei Töchtern und ich freue mich sehr darüber, dass es beiden wichtig ist, eine gute Ausbildung zu haben, für sich und andere Frauen* einzustehen und sich für eine gerechtere Gesellschaft zu engagieren. Und sie sind stolz auf mich, weil ich den Mut aufbrachte, mich der Guerrilla anzuschliessen und mein Leben für den Traum einer besseren Welt zu riskieren. Schon immer war mir das Wohl der Gemeinschaft wichtig und ich sitze nicht gerne untätig herum. Ich konnte lange Zeit weder schreiben noch lesen. Eine Compañera aus der Guerrilla hat es mir später beigebracht. Das Lernen und ‹In-der-Gruppe-aktiv-sein› hat sich positiv auf mein Selbstbewusstsein ausgewirkt. Es passt aber nicht immer allen, dass ich hinstehe und meine Meinung sage. Daran musste ich mich zuerst gewöhnen und es war nicht immer einfach.

Die Hebammen-Kurse der AGPD

Seit 2009 unterstützt medico international schweiz unsere Hebammenkurse. Zu Beginn waren einige Mitglieder der AGPD nicht sehr erfreut, dass die Ausbildung von Hebammen finanziert werden sollte. Aber heute sehen auch sie den Nutzen, denn auch ihre Ehefrauen und Töchter haben Ausbildungskurse besucht. Meine Aufgabe als Koordinatorin ist es, erfahrene Lehrerinnen zu finden, die Kurse an einem strategisch guten Ort zu organisieren, um den Teilnehmerinnen aus den entlegenen Gemeinden die Anreise zu erleichtern. Ich organisiere die Verpflegung und wenn nötig auch Übernachtungen.

Daneben begleite ich alle Kurse und beobachte, was und wie die Teilnehmerinnen lernen. Darüber berichte ich dann im Vorstand. ‘Evaluation’ heisst das heute. Ich betrachte den Hintergrund, die Motivation und die Fortschritte jeder Teilnehmerin. Die Frauen* sind sehr verschieden. Einige haben schon viele Jahre als Hebammen gearbeitet, andere fangen bei Null an.

Die Kurse vermitteln nicht nur das Hebammen-Handwerk, sondern Weiterbildung in den Bereichen Sexual-erziehung und Frauen*rechte. Aktuell informieren wir natürlich auch über das Corona-Virus. Wenn über Sexualität gesprochen wird, ist es manchmal ganz schön lustig. Anfänglich staunte ich nicht schlecht, wie schamlos einige Frauen* anzügliche Witze reissen können. Umgekehrt müssen wir beim Thema Verhütung oder dem Recht auf eine eigene Sexualität in den Kursen sehr vorsichtig sein, denn es wird auch sehr viel Unsinn verbreitet.

Die meisten erfahrenen Hebammen bringen ein sehr grosses Wissen über Heilpflanzen mit und wir alle, auch die Lehrerinnen, können davon profitieren. Mit Hilfe eines Naturheilarztes konnten wir den Einsatz von Pflanzen-medizin als festen Bestandteil in die Ausbildung integrieren.

In der Gruppe werden auch Rollenspiele durchgeführt, um die Hebammen auf mögliche schwierige Fälle vorzubereiten. Oft kennt eine Teilnehmerin eine ähnliche Situation und kann Erfahrungen teilen oder aber sie ist froh, von ihren Kolleginnen Tipps zu erhalten. Denn die Verantwortung für das Wohlergehen von Schwangeren und ihren neugeborenen Babys kann für Hebammen sehr belastend sein.

Manchmal beklagen sie sich, dass ihre Patientinnen ihren Rat nicht befolgen und sie dann doch verantwortlich machen dafür, wenn etwas schiefläuft. Eine staatliche Anerkennung der traditionellen Hebammen könnte dem entgegenwirken. Sie gäbe allen mehr Sicherheit und Vertrauen.